Lesen Sie die englische Übersetzung: Dermatologic Problems in Reptiles
Einleitung
In Europa und Nordamerika erfreut sich die Reptilienhaltung einer zunehmenden Beliebtheit. Nach Schröter et al. (2004) halten 3% der US und europäischen Haushaltungen Reptilien, insbesondere Schildkröten.1 Die zunehmende Zahl, der in menschlicher Obhut gehaltener Reptilien resultiert auch in einer steigenden Zahl von Reptilien, die als Patienten in der Praxis, insbesondere in der Kleintierpraxis, vorgestellt werden.. Langenecker (2006) wies im Zeitraum von 1994 bis 2003 eine 50%ige Zunahme der Reptilienpatienten an der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich nach.2
Dermatologische Krankheiten werden bei Reptilien häufig diagnostiziert. In der erwähnten Studie wies Langenecker (2006) nach, dass Echsen und Schlangen häufiger an Hauterkrankungen leiden als Schildkröten.2 Unter den zehn häufigsten Erkrankungen fanden sich Hauterkrankungen wie Häutungsprobleme (Dysekdysis), Ektoparasiten und Abszesse. Die Hauptursache für dermatologische Erkrankungen bei Reptilien ist in der Haltung zu suchen, wobei insbesondere die Luftfeuchtigkeit und Temperatur eine prädisponierende Rolle spielen.
Anatomische Grundlagen zur Reptilienhaut
Um die Pathophysiologie hinter Hauterkrankungen von Reptilien zu verstehen, bedarf es eines Grundlagenwissens zur Anatomie und Physiologie der gesunden Reptilienhaut. Für weiterführende Informationen sei auf die entsprechenden Textbücher verwiesen.3,4
Die Reptilienhaut besteht aus Epidermis und Dermis. Drüsen fehlen im allgemeinen. Die Epidermis besteht aus drei Schichten: dem Stratum corneum, dem St. intermedium und dem St. geminativum. Das Stratum corneum ist sechs bis acht Zellschichten dick und stark keratinisiert. Die Schuppen wachsen vom Stratum corneum aus. Bei Schildkröten entstehen die Panzerschuppen aus dem Stratum germinativum. Die keratinisierten Schuppen überziehen Knochenplatten des Karapax und Plastron. Die Knochenplatten entstammen unter anderem der Wirbelsäule und den Rippen. In der Dermis befinden sich Pigmentzellen, welche eine Bedeutung haben für den Farbwechsel, der besonders bei Echsen deutlich ist.
Reptilien wachsen zeitlebens und häuten sich in regelmässigen Abständen. Die Häutung wird Ecdysis genannt. Eine Ausnahme bilden die Hornschuppen des Panzers, welch nicht gehäutet sondern abgenutzt werden. Die Haut von Schildkröten und Echsen wird in Stücken gehäutet, Schlangen dagegen häuten sich an einem Stück. Bei Schlangen ist von besonderer Bedeutung, dass auch die Augenlider, die Brille, gehäutet werden.
Infektiöse Erkrankungen
Parasiten, insbesondere Milben, spielen eine wichtige Rolle bei Hauterkrankungen von Reptilien. Bei Schlangen wird oft Ophionyssus natricis diagnostiziert, bei Echsen Hirstiella trombidiformis. Oft verläuft die Erkrankung subklinisch, es kann aber auch zu Pruritus, Nervosität, sekundärer bakterieller Erkrankung oder Anämie kommen. Die Diagnose kann mittels makroskopischem Nachweis der Milben, gestellt werden. Die Milben stellen sich als kleine rote Punkte dar. Die Behandlung erfolgt mittels Besprayen mit verdünntem Ivermectin (5 mg/l), vier Mal pro Woche mehrmals im Abstand einer Woche. Ivermectin kann auch parenteral verabreicht werden in einer Dosis von 0.2 mg/kg sc, mit Wiederholung nach 10-14 Tagen. Ivermectin ist toxisch bei Schildkröten und Indigonattern (Drymarchon corais).
Alternativ bietet sich auch die Behandlung mit Fipronil an, wobei dieses nicht direkt auf das Tier gesprayt werden darf. Man besprüht eine mit einem Latexhandschuh geschützte Hand und reibt danach den Patienten ein. Ene Wiederholung ist meist nach 14 Tagen notwendig. Unerwüschte Nebenwirkungen wurden bei Chamäleonen und jungen Boas beobachtet. Es ist wichtig bei Milben immer den ganzen Bestand und das Terrarium zu behandeln.
In Sommermonaten wird auch immer wieder Myasis diagnostiziert, besonders bei Schildkröten. Die Behandlung umfasst die mechanische Entfernung der Maden sowie Spülung mit Kochsalzlösung. Bei Wildfängen muss auch mit eine Befall mit Egeln und Zecken gerechnet werden. Die Behandlung besteht darin die Parasiten zu entfernen.
Bei mykotischen Dermatopathien werden regelmässig Aspergillus spp., Mucor spp., Candida spp., Penicillum spp. und Geotrichum spp. nachgewiesen.5 Die klinische Bedeutung dieser Pilze ist umstritten, zumal Aspergillus spp. und Paecilomyces spp. auch in der häuteten Haut klinisch gesunder Schlangen nachgewiesen werden.
In neuerer Zeit wurde die Pathogenität von Chrysosporium anamorph von Nannizziopsis vriesii (CANV) erkannt. Dieser Pilz befällt vor allem Echsen, wie Bartagemen (Pogona vitticeps), er wurde jedoch auch bei Schlangen nachgewiesen.6 Klinisch manifestiert sich die Erkrankung als hochgradige Dermatitis, die mitunter fatal sein kann. Therapeutisch wurde Itraconazol (5-25 mg/kg SID po) für zwei bis vier Wochen eingesetzt.
Ein ulzerative Dermatitis des Panzers, genannt Panzernekrose, ist bei Schildkröten gefürchtet. Verschiedene Bakterien wurden mehrfach nachgewiesen, z.B. Beneckia chitinovora und Citrobacter spp.. Es wird empfohlen die Wahl des Antibiotikums aufgrund eines Antibiogramms zu treffen. Zur lokalen Anwendung werden 2% Chlorhexidin oder Iod eingesetzt, zudem auch desinfizierende Salben (e.g., Silbersulphadiazin, Flammazine®, Solvay Pharma AG, Bern).
Fortschritte in der Virusdiagnostik haben es erlaubt, die Beteiligung von Herpesvirusen und Iridoviruen (Ranavirus) bei Hauterkrankungen nachzuweisen.
Nicht-Infektiöse Erkrankungen
Eine häufige Ursache für Dermatopathien ist Trauma. Verletzungen können als Folge von Bissverletzungen durch Artgenossen oder durch fremde Tiere (z.B. Futtertiere) auftreten, jedoch auch durch Kollision mit harten Gegenständen (z. B. Terrariumscheibe). Häufige werden auch Verbrennungen (Lampe, Wärmematte) nachgewiesen. Die Behandlung von Traumata ist analog wie beim Säuger. Bei Schildkröten können auch Frakturen am Panzer auftreten. Sie werden mit Drähten und Cerclagen behandelt. Die lokale Behandlung erfolgt wie bei einer bakteriellen Dermatitis, sowie zusätzlich mit Analgetika. Morphium scheint sich bei der Analgesie besonders zu bewähren.
Fehler bei den klimatischen Haltungsbedingungen führen oft zu Häutungsproblemen (Dysekdysis). In leichtgradigen Fällen kann es hilfreich sein, die Schlange täglich 15-20 min in lauwarmem Wasser zu baden. In schwerwiegenden Fällen, muss die Haut (z.B. bei der Brille) chirurgisch entfernt werden.
References
1. Schröter, et al. Appl. Environ. Microbiol. 2004; 70: 613.
2. Langenecker 2006; Retrospektive Untersuchung zur Entwicklung der Artenverteilung und den häufigen Krankheitsbildern bei exotischen Heimtieren im Zeitraum von 1994-2003. Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich, Zürich.
3. O'Malley. 2005. Clinical anatomy and physiology of exotic species. Elsevier Saunders, London.
4. Cooper. 2006. Dermatology,196.
5. Jacobson, et al. S. Avian Exot. Pet Med. 2000; 9: 94.
6. Bowman, et al. Med. Mycol. 2007; 45: 371.