Lesen Sie die englische Übersetzung: When Corneas Have Ulcers
Einleitung
Ein Hornhautulcus ist ein Defekt des Hornhautepithels und oft auch des darunterliegenden Stroma. Man diagnostiziert einen Ulcus mit der Fluoresceinanfärbung, die den Epitheldefekt gelbgrün verfärbt da das Fluorescein vom exponierten Stroma absorbiert wird. Therapie und Prognose variieren je nach der Grösse des Ulcus, des Stromaanteils, der Ätiologie, dem Alter des Patienten, etc.
Das einfache oberflächliche Ulcus (Hornhauterosion)
Das oberflächliche Ulcus betrifft vorallem das Epithel mit wenig oder keinem Stromaverlust.
Ursache: mechanisches Trauma, Austrocknen der Hornhaut, dichtes Hornhautödem.
Krankheitsbild: Blepharospasmus, Epiphora, Photophobie, konjunktivale Hyperämie, Ödem der Bindehaut und der Hornhaut, unregelmässige Hornhautoberfläche.
Therapie: Behandlung der Ursache. Antibiotische Augensalben oder Augentropfen, 1% Atropin, Vitamin A, 5% NaCl.
Spricht das Ulcus nicht innerhalb von 3-5 Tagen auf die Behandlung an, sollte es nochmals genau untersucht werden, da ein Fremdkörper vorhanden sein könnte oder es indolent oder infiziert sein könnte.
Das Boxerulcus, Ulcus indolens, rezidivierendes Ulcus
Diese spezielle Erkrankung der Hornhaut betrifft das Epithel und die Basalmembran direkt unterhalb der Epithelzellen. Dieser Epitheldefekt heilt nicht von selbst oder nur sehr langsam. Das indolente Ulcus kommt beim alten Patienten jeder Rasse vor und wurde zuerst beim Boxer beschrieben.
Ursache: mechanisches Trauma oder auch spontan wegen der veränderten und schlechten Verankerung der Basalzellen in der abnormalen Basalmembran.
Krankheitsbild: Blepharospasmus, Epiphora, Photophobie, konjunktivale Hyperämie, Hornhautödem, unregelmässige Hornhautoberfläche mit abgelöstem Epithel am Rande des Ulcus. Die Gefässeinsprossung ist sehr stark verzögert und es dauert oft bis 7 Wochen bis die ersten Gefässe erkennbar sind. Oft entwickelt sich dann auch Granulationsgewebe.
Therapie: Das abgelöste Epithel muss unter Oberflächenanästhesie entfernt werden. Antibiotische Augentropfen/-salben, 5% NaCl Augentropfen/-salben. Heilt das Ulcus nicht in 7-10 Tagen, sollte die Hornhaut mit einer Strich-/Gitterkeratektomie behandelt werden. Dabei werden nach dem Entfernen des abgelösten Epithels mit einer feinen Kanüle oberflächliche linienförmige Inzisionen gesetzt. Diese Behandlung muss wiederholt werden wenn das Ulcus nach 3 Wochen noch nicht geheilt ist. Eine alternative Behandlung ist die oberflächliche lamelläre Keratektomie der erkrankten Hornhaut.
Das virale Katzenulcus, Herpes-Keratitis
Entwickeln sich bei der Katze oberflächliche Hornhautdefekte in dendritischer Form, handelt es sich um eine spezielle Form des Ulcus.
Ursache: Herpesinfektion (FHV-1)
Krankheitsbild: Bei der jungen Katze sieht man vorallem eine Konjunktivitis und Katzenschnupfen.
Bei der erwachsenen Katze verursacht das Virus eine Keratokonjunktivitis. Das Virus vermehrt sich im Epithel der Bindehaut, der Hornhaut und der Nasenschleimhaut. Im latenten Stadium zieht sich der Virus ins Trigeminalganglion zurück. Stress und Steroide können das Virus aktivieren. Die Langzeitimmunität ist schlecht. In der aktiven Phase entwickeln sich dendritische Ulzera die selbstlimitierend sein können. Besteht eine bakterielle Sekundärinfektion verändert sich die oberflächliche Läsion zu einem tiefen Ulcus.
Assoziation: Symblepharon, Entropium, Hornhautsequester, eosinophile Keratokonjunktivitis
Therapie: Antibiotika lokal, Virostatika lokal, L-Lysin oral, lokales oder systemisches Interferon, systemische Virostatika
Das tiefe Ulcus
Beim tiefen Ulcus ist das Hornhautstroma mitbetroffen und es formt sich eine kraterförmige Läsion.
Ursache: wie beim oberflächlichen Ulcus aber mit bakterieller Sekundärinfektion, die das Stroma erfasst und Schaden im tieferen Bereich der Hornhaut verursacht. Wenn ein Ulcus bis tief ins Stroma reicht, ist das Risiko einer Perforation vorhanden.
Krankheitsbild: Kann mehr oder weniger schmerzhaft sein mit Blepharospasmus, mukopurulentem Augenausfluss, Hyperämie der Bindehaut und Sklera, Hornhautödem und Infiltrat, unregelmässiger Hornhautoberfläche mit Krater, Uveitis, möglicherweise Hypopyon.
Bei tiefen und infizierten Ulzera wachsen Gefässe vom Limbus her in das tiefe Stroma. Diese Gefässe spielen eine wichtige Rolle im Heilungsprozess. Gewisse Medikamente, wie die nonsteroidalen Entzündungshemmer, die zur Behandlung der Uveitis angewendet werden, verzögern das Gefässwachstum. Es ist deshalb wichtig sie vorsichtig zu gebrauchen.
Therapie: Halskragen, intensive lokale Antibiotikabehandlung, eine Tupferprobe zur bakteriologischen Untersuchung und Antibiogram wird direkt vom Ulcusrand genommen, Atropin lokal, systemische nonsteroidale Entzündungshemmer. Wenn das Risiko einer Perforation besteht, muss die Hornhaut chirurgisch behandelt werden mit einer Bindehautschürze oder einer Korneaverschiebeplastik.
Das enzymatische Erweichen des Hornhautkollagens
Die enzymatische Zerstörung des Kollagens ist eine schnell fortschreitende und gefährliche Komplikation eines Ulcus.
Ursache: Proteasen von Bakterien (Pseudomonas, Streptokokken) und Kollagenasen von Leukozyten, Makrophagen oder abgestorbenen Keratozyten zerstören das stromale Eiweissgerüst der Hornhaut. Das Kollagen wird weich und löst sich geleeartig auf. Das führt zur Schwächung der Hornhaut, die innerhalb von Stunden/Tagen perforieren kann. Dieser Prozess wird durch lokale und systemische Behandlung mit Kortikosteroiden verstärkt.
Krankheitsbild: schnell fortschreitendes, oft sehr schmerzhaftes Ulcus mit angeschwollener, weicher Hornhaut, Hornhautödem und Infiltrat, Hyperämie der Bindehaut und Sklera, Vascularisation der Hornhaut, Uveitis, Hypopyon.
Therapie: Halskragen, schnelle und intensive lokale Behandlung mit Antibiotika, wenn vorhanden nach Antibiogram, wie bei tiefen Ulzera. Oft wird eine Kombination von Antibiotika wie Aminoglykoside oder Fluoroquinolone mit Cephalosporinen verwendet. Zusätzlich kann stündlich lokal Serum zur Hemmung der enzymatischen Aktivität gegeben werden. Systemische Antibiotika und nonsteroidale Entzündungshemmer, manchmal auch schmerzreduzierende Medikamente. Kortikosteroide müssen lokal und systemisch vermieden werden.
Die chirurgische Entfernung des erweichten Hornhautstromas gefolgt von einer Bindehautschürze ist bei einer drohenden Perforation empfohlen.
Die Descemetocele
Eine Descemetocele entsteht wenn das ganze Hornhautstroma zerstört ist und die Hornhaut nur noch aus Descemetscher Membran und Endothel besteht. Die Perforationsgefahr ist sehr gross und eine Descemetocele ist deshalb ein Notfall.
Ursache: Trauma, bakterielle Zerstörung des Hornhautstroma, enzymatischer Abbau des Stroma.
Krankheitsbild: Je nach Ursache mehr oder weniger Schmerzen und Entzündung, kleiner bis grosser sehr tiefer Krater mit klarer Descemetscher Membran in Zentrum. Sie kann vorgewölbt sein durch den Augeninnendruck. Die Descemetsche Membran ist fluorescein-negativ aber die Wand des Kraters ist -positiv. Durch die Descemetocele sieht man die inneren Augenstrukturen sehr klar. Die Descemetocele ist sehr dünn und kann jederzeit perforieren.
Therapie: Eine Descemetocele ist ein ophthalmologischer Notfall. Halskragen.
Die medizinische Behandlung allein wird nur bei sehr jungen Tieren oder bei Patienten mit sehr hohem Anästhesierisiko versucht. Eine Descemetocele wird gleich wie ein tiefes Ulcus mit enzymatischem Gewebeabbau behandelt. Diese Patienten müssen täglich untersucht werden.
Die kombinierte chirurgische und medizinische Behandlung ist empfohlen. Eine Bindehautschürze bringt Blutgefässe direkt zum Ulcus und verstärkt die Hornhaut, so dass das Risiko einer Perforation vermindert ist. Eine Nickhautschürze oder eine Tarsorrhaphie ist nicht ausreichend und kann zur Perforation führen. Cyanoacrylat-Kleber können bei sehr kleinen Descemetocelen gebraucht werden. Zur Behandlung des Auges werden lokale Antibiotika und Atropin sowie systemische Antibiotika und nonsteroidale Entzündungshemmer gegeben.
Die Hornhautperforation
Eine penetrierende Läsion der Hornhaut mit Verlust des Kammerwassers und Prolaps der Iris.
Ursache: entweder ein fortschreitendes infiziertes Ulcus mit oder ohne enzymatischem Gewebeabbau oder Trauma.
Krankheitsbild: Schmerzen vorallem zum Zeitpunkt der Ruptur, mucopurulenter oder auch hämoragischer Augenausfluss, Hyperämie der Bindehaut und Sklera, Hornhautödem, kleiner tiefer Krater/Wunde mit Fibrin oder grössere Läsion mit hervorstehendem Fibrinexudat gemischt mit koaguliertem Blut und Irisgewebe, kollabierte vordere Augenkammer oder verschlossene Wunde mit normal tiefer Vorderkammer, Uveitis, vordere Synechie, miotische oder verformte Pupille, Hyphaema.
Therapie: Halskragen. Zuerst medizinische Behandlung während 12-24 Stunden wie beim tiefen Ulcus mit Uveitis gefolgt von operativer Behandlung. Ist die Perforation die Folge eines Traumas wird die Hornhaut genäht. Ist die Perforation die Folge eines grossen infizierten Ulcus kann die Hornhaut in der Regel nicht genäht werden wegen der schlechten Wundrandqualität. In diesem Fall wird die vorgefallene Iris reponiert oder entfernt und die Wunde mit einer Bindehautschürze abgedeckt. Beim sehr jungen Tier können kleine Hornhautperforationen in seltenen Fällen auch ohne Chirurgie erfolgreich heilen. Ist der Hornhautdefekt sehr grossflächig, der Schaden am Auge schwer oder die Lazeration auch in der Sklera, sollte das Auge entfernt werden.