Herausfordernde Fälle in Innerer Medizin 1 und 2
World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2010
Bernhard Gerber, Dr.med.vet., DACVIM, DECVIM-CA
Zürich, Schweiz

Lesen Sie die englische Übersetzung: Challenging Cases in Internal Medicine 1 and 2

Diese Veranstaltung beinhaltet Fallbesprechungen, bei denen verschiedenen Themen der inneren Medizin behandelt werden insbesondere Uretererobstruktionen bei der Katz.

Einleitung

Erkrankungen der ableitenden Harnwege der Katzen können im Nierenbecken, in den Ureteren, in der Blase oder in der Urethra lokalisiert sein. Am häufigsten werden Erkrankungen der Blase diagnostiziert. In den letzten Jahren scheint es aber eine Zunahme von Erkrankungen der oberen ableitenden Harnwege, insbesondere von Erkrankungen der Ureteren zu geben. Die oberen ableitenden Harnwege sind nicht leicht zugänglich und ihre Erkrankungen stellen eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Oft werden solche Erkrankungen auch in Zusammenhang mit einer Unterfunktion der Nieren gesehen.

Erkrankungen der Ureteren beinhalten kongenitale Veränderungen wie ektopische Ureteren, oder erworbene Erkrankungen wie Traumata, Entzündungen und Obstruktionen. Die häufigste Ursache für eine Ureterobstruktion sind Uretersteine. Die Ureteren können aber auch obstruieren, wenn keine Steine vorhanden sind oder die Steine bereits abgegangen sind. Dabei sind die Ureteren nicht mehr durchgängig wegen Strikturen, Blutkoagula, entzündlichem Material oder Schleimhautverdickungen.

Uretersteine

Die Häufigkeit von Uretersteine bei Katzen, meist im Zusammenhang mit akuten oder chronischen Nierenerkrankungen, nimmt stetig zu.1 Die Ursachen sind nicht geklärt, wobei Hyperkalzämie und das Füttern von ansäuernden Diäten oft als Ursache vermutet werden. Die Zunahme der Uretersteine wird mit der Zunahme von Kalciumoxalat Urolithen im Allgemeinen in Verbindung gebracht. 70% der Nieren- und Uretersteine bei Katzen bestehen aus Kalciumoxalat.2 Ureterolithen kommen häufiger bei mittelalten bis alten Katzen vor (Median 7 Jahre), wobei schon sehr junge Katzen Uretersteine aufweisen können. Weibliche und männliche Tiere sind ähnlich häufig betroffen.3

Symptome

Die Klinik bei Uretersteinen ist unspezifisch und oft mild. Dysurie, Abdomenschmerzen, Anorexie, Erbrechen und Apathie können vorkommen. Deutliche Zeichen einer akuten Urämie treten auf, wenn beide Ureteren obstruiert sind. Aber auch bei einseitigen Uretersteinen sind 76% der Katzen azotämisch, was auf eine Unterfunktion der kontralateralen Niere hinweist.

Im Zusammenhang mit Ureterobstruktionen kommt oft das so genannte "kleine Niere, grosse Niere" Phänomen vor. Nieren von Katzen sind durchschnittlich 41 mm lang, 29 mm breit und 23 mm dick. Im ventro-dorsalen Röntgenbild messen sie bei kastrierten Katzen 1.9 bis 2.6 mal die Länge des 2. Lumbalwirbels, bei unkastrierten Katzen 2.1 bis 3.2 mal diese Länge. Grundsätzlich kann eine unterschiedliche Nierengrösse festgestellt werden, wenn eine Niere klein ist und die andere normal oder gross ist oder wenn eine Niere normal und die andere gross ist. Oft ist die kleine Niere eine Schrumpfniere und die andere Niere ist kompensatorisch vergrössert. Der Schaden an der kleinen Niere kann durch Ureterobstruktionen verursacht worden sein, die sich wieder gelöst haben und in der Niere bleibende Schäden verursacht haben. Diese Situation ist unproblematisch, solange die vergrösserte Niere einwandfrei Funktioniert. Wird die vergrösserte Niere auch geschädigt, kann es zu einer Azotämie kommen.

Diagnose

Uretersteine waren mittels Röntgen- kombiniert mit einer Ultraschalluntersuchung nur in 90% der Fälle sichtbar.3 Röntgen alleine war nur bei 81% der Fälle diagnostisch. überlagerungen durch Därme, kleine Steine oder röntgendurchlässige Steine könnten die Ursache für das Verpassen der Steine sein. Kontrast Computer Tomographie oder antegrade Kontrastpyelographie können ev. bessere Resultate ergeben.

Liegt eine akute Azotämie oder eine akute Zunahme einer chronischen Azotämie vor, sind oft beide Ureteren obstruiert. In diesem Fall ist es nicht leicht abzuschätzen welche Niere mehr funktionstüchtiges Gewebe enthält und damit ist auch nicht klar, auf welcher Seite eine allfällige chirurgische Intervention Sinn machen würde, insbesondere wenn beide Nieren Anzeichen einer Ureterobstruktion aufweisen. Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate der einzelnen Nieren wäre für diese, als Notfälle vorgestellten Patienten optimal, um einen besseren Therapieentscheid fällen zu können. Leider sind Untersuchungsmodalitäten, die geeignet wären die Funktion der einzelnen Nieren zu beurteilen, wie zum Beispiel Szintigraphie im klinischen Alltag nur beschränkt zugänglich.

Therapie

Alle Katzen mit Ureterobstruktionen werden vorzugsweise zuerst konservativ behandelt, bis sicher ist, dass der oder die Steine oder anderes obstruierendes Material nicht in die Blase oder zurück in das Nierenbecken gehen oder eine Schwellung abklingt. Zur Unterstützung dieses Vorganges werden Infusionen und Analgetika verabreicht. Spasmolytika und Entzündungshemmer werden auch verwendet, wobei keine Studien die Wirksamkeit eines Medikamentes bei Katzen nachgewiesen hat. Wenn die Ureteren nicht-durchgängig bleiben, wird eine chirurgische Intervention nötig, dabei werden Ureterotomien, partielle Ureterektomien mit Ureteroneozystostomie, Ureteroureterostomien und Nephrektomien durchgeführt. Neuerdings werden auch Ureterkatheter eingesetzt.4 Um den Patienten vor einer Intervention zu stabilisieren, kann Hämodialyse nötig sein.

Prognose

Katzen, die mit konservativer Therapie mehr als einen Monat überlebten, hatten eine 12 Monate überlebensrate von 66% in einer Studie.5 Perioperative Komplikationen traten bei 31% der Katzen die chirurgische behandelt wurden auf. Katzen die mit chirurgischer Therapie mehr als einen Monat überlebten, hatten eine 12 Monate überlebensrate von 91%. Die Rezidivrate scheint hoch zu sein. Uretersteine traten bei 40% der Katzen nach 2-88 Monaten (Median 13 Monate) erneut auf.

References

1.  Kyles, et al. In: Bonagura JD, Twedt DC, (Eds) Kirk's Current Veterinary Therapy XIV 2009; 931.

2.  Osborne, et al. Vet Clin Small Anim 2008; 39: 183.

3.  Kyles, et al. J Am Vet Med Assoc 2005; 226: 932.

4.  Berent, et al. J Vet Intern Med 2009; 23: 688.

5.  Kyles, et al. J Am Vet Med Assoc 2005; 226: 937.

 

Speaker Information
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Bernhard Gerber, Dr. med. vet., DACVIM, DECVIM-CA
Zürich, Switzerland

Nadja S. Sieber-Ruckstuhl, Dr. med. vet., DECVIM-CA, DACVIM
Zurich, Switzerland


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